Frau mit Baby im Home Office

Das weibliche Kind-Karriere-Entscheidungsdilemma. Ist das noch ein Thema?

Ich wollte schon länger über das weibliche Kind-Karriere-Dilemma schreiben, habe mich aber lange Zeit nicht getraut. Ich dachte, dieses Dilemma existiert nur in meinem Leben und Leben von einigen Frauen, mit denen ich zusammenarbeite. 

So habe ich Impulse und Eindrücke gesammelt und geschwiegen. Nun will ich dieses Thema doch in meinem Blog diskutieren. 

Vor ein paar Wochen habe ich im Business Bootcamp von Sandra Holze angefangen, ein neues Produkt für mein Coaching-Business zu entwickeln. Wie bekannt, fängt alles mit Definition der Zielgruppe an und ich wollte meine Zielgruppe etwas spezifizieren. Aus meiner Zeit als Gründungsberaterin kenne ich mehrere Methoden, wie man eine Businessidee entwickeln kann und eine davon ist, daran zu denken, was dich am meisten nervt und versuchen, dieses Problem zu lösen.

Was nervt mich? Oder besser gesagt, was berührt mich so sehr, dass ich immer wieder daran denken muss? Rein zufällig (natürlich gibt es keine Zufälle, mein Gehirn weiß genau, wonach das suchen muss, dafür gibt es eine gute wissenschaftliche Erklärung) bin ich im LinkedIn auf einen Beitrag über die aktuelle Studie zur Vereinbarkeit zwischen Kinder und Karriere für Frauen gestoßen und da wurde mir klar, welche Frauen ich dieses Jahr unterstützen werde. 

In diesem Artikel möchte ich mit dir meine persönliche Geschichte über Kind-Karriere-Entscheidung teilen und gemeinsam mit dir darüber reflektieren, ob wir – Frauen – unsere Kind-Karriere-Entscheidungen besser treffen können und welche Unterstützung wir in diesem Fall brauchen.

Meine persönliche Geschichte

Studie von 5050 und Appinio: 44 Prozent der Frauen haben Angst vor Kind & Karriere

Bei solchen Nachrichten fühle ich mich so, als ob ich mit einer Zeitmaschine in die eigene Vergangenheit versetzt werde. 

Kennst du das Buch von Bronnie Ware “5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen”? In diesem Buch schreibt eine Frau, die eine Zeit lang Sterbende betreut hat, darüber, was sie am meisten bereuen. Für mich, heute als 45-jährige Frau gibt es fast nichts, was ich bereue, nur 1 Punkt steht sicher auf dieser Liste. Ich bereue es, dass ich nicht mehr Kinder bekommen habe. 

Es hat sich in meinem Leben so ergeben, dass meine Schwangerschaft und die Geburt meines Sohnes für mich als Mensch und Frau eine sehr kraftvolle Erfahrung gewesen ist. Ich fühlte mich damals vollkommen selbstbestimmt und super mächtig. Eine Wonder Woman eben.

Geschichte, die ich meinem Sohn über seine Geburt erzählen werde

Der einzige Wermutstropfen – ich war damals bereits 38 und ein weiteres Kind kam nicht mehr infrage. Das macht mich traurig, auch wenn ich das Thema bereits gut verarbeitet habe. 

Es macht mich traurig, dass ich früher meine Selbstverwirklichung nur einseitig in der Karriere gesehen habe und mir zu wenig Raum für Verwirklichung als Mutter freigelassen habe. Die Zeit ist um.  

Meine erste Kind-Karriere-Krise hatte ich bereits mit 25 Jahren. Ich habe damals noch studiert und als studentische Hilfskraft an meiner Fachhochschule gearbeitet. Mein damaliges Frauenbild war durch meine Sozialisierung in Russland ziemlich beeinflusst. Ich bin ja erst mit 17 nach Deutschland ausgewandert. Meine ältere Schwester in Russland hat mit 19 geheiratet und es war überhaupt nicht zu früh. Ziemlich schnell kam bei ihr auch das erste Kind. Also, war ich mit 25 Jahren einfach verwirrt. Und hatte doch Glück, in meinem Arbeitsumfeld Frauen kennenzulernen, die einen anderen Weg gegangen sind. Karriere und Kinder – es geht beides. Und es darf etwas später passieren, gar kein Problem. Ich glaube, ich habe damals das erste Mal Frauen kennengelernt, die zwar ihre Karriere weiterverfolgt und gleichzeitig Zeit und Interesse für ihre Kinder gezeigt haben. Meine Vorgesetzte hat mir erzählt, wie sie damals, als Kinder noch klein waren und das Thema Kinderbetreuung scheinbar genauso schwierig war wie jetzt, haben sie selbstständig Kinderbetreuung – eine Kindergruppe privat organisiert. Als Kind kenne ich meine Mutter als tolle Führungskraft in einem Großunternehmen und Top-Hausfrau, die kochen, putzen und stricken kann. Für etwas anderes hatte sie vermutlich einfach keine Kraft mehr. Nachdem ich andere Lebensmodelle kennengelernt habe, durfte ich entspannen. Ich habe ja mit 25 noch genügend Zeit für Kinder. 

Ich habe mich damals für weitere Karriereschritte und ein Praktikum in Moskau bei Delegation der Deutschen Wirtschaft entschieden und meine damalige Beziehung hat das nicht mitgemacht. 

Nach dem Studium bin ich nach Wien und später nach Sankt-Petersburg und wurde Führungskraft. Ich habe meinen Beruf geliebt. Es war super intensiv und herausfordernd und gleichzeitig habe ich mich sowas von am richtigen Platz gefühlt. Der einzige Hacken – ich hatte keine Zeit für Kinder und Partnerschaft. Mein Job war alles für mich. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich habe mich damals nach einer Zeit auch ziemlich “männlich” gefühlt. Wahrscheinlich, weil ich in einer männerdominierten Branche gearbeitet habe oder weil ich damals nicht so viele weibliche Führungskräfte gekannt habe. Irgendwann habe ich mich zu einem Frauenseminar angemeldet.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehe ich diese Szene, die sich bei einer Aufstellung ereignet hat. Ich sollte eine glückliche Familie – so wie ich mir meine glückliche Familie vorstelle – aufstellen und das habe ich getan: Eine Frau, ein Mann, zwei Kinder – Sohn und Tochter und ein Hund. In einer Aufstellung wählst du ja Menschen, die bestimmte Rollen repräsentieren und holst dir dann das Feedback dazu. Also, meine Familie war super unglücklich. Sogar mein Hund wollte nur noch weg aus dem Bild und hat sich sehr unwohl gefühlt. Das hat mir damals sehr weh getan. Ich war damals 30. 

Und es hat mit mir etwas gemacht. Ich konnte nicht mehr wie früher nur an meine Karriere denken. Ich habe angefangen, über meine Zukunft als Ganzes nachzudenken. Ich wollte Kinder haben, nur habe ich es mir damals nicht erlaubt, weil ich ja keine perfekte Familie, keine perfekte Partnerschaft vorzuweisen hatte. Ich kann mich erinnern, dass ich mich damals gründlich über andere Möglichkeiten, wie Adoption oder Einfrieren der Eizellen informiert habe und mich doch nicht getraut. So bin ich zurück zu meiner Karriere gekehrt, wo alles zwar kompliziert, aber doch so bekannt war. Damals habe ich es auch niemanden anvertraut, dass ich mir Kinder wünsche. Ich dachte, Menschen würden mich nicht verstehen. 

Du hast doch so einen tollen Job, verdienst gut, kannst alles machen, was du willst, reisen – was willst du mehr? 

Ich wollte mehr und wusste aber nicht, wie ich das bekommen kann. Es folgten weitere Karriere-Schritte und Karriere-Einschnitte, die ich auf keinen Fall bereue. Irgendwann, übrigens im beruflichen Kontext, habe ich meinen Partner kennengelernt, nach zwei Jahren kam unser Sohn auf die Welt und meine Reise als Mutter begann. Meine Familie, mein Kind fordern mich ungemein und mache mich gleichzeitig zu einem besseren Menschen. Das Einzige, was ich jetzt noch bereue, ist, dass ich so viel Zeit verloren habe.


Warum tun sich karriereorientierte Frauen so schwer mit einer Entscheidung für Kinder und Karriere?

Ich glaube, es hängt zum Teil mit unserer Arbeitskultur zusammen. Wir lernen bereits im Studium, dass bestimmte Fragen im Vorstellungsgespräch tabu sind und wir nicht über Kinderwunsch reden sollten. Wir lernen, dass Unternehmen eher unsere Feinde sind, was Kinderkriegen betrifft und sie dürfen am besten keine Wahrheit über uns und unsere Wünsche als Frau erfahren. 

Kind als Karrierekiller

Ich habe es vor zwanzig Jahren so gelernt und es ärgert mich, dass Frauen in der heutigen Zeit es immer noch so weiter lernen. Ich kann es auch mittlerweile nicht mehr hören, wenn mir Firmeninhaber erzählen, dass junge Frauen für sie ein ziemliches Risiko darstellen, weil sie ja Kinder bekommen könnten. 

Ja, das Leben darf passieren. Punkt. Mehr ist nicht zu sagen.

Zweitens sehe ich es als eine Herausforderung für viele Frauen, die doch oft beruflich andere Wege, in Vergleich zu ihren Eltern, gehen und interessanterweise privat, was Kinderfürsorge betrifft, auf alte Familienrollen zurückgreifen. Mir ging es übrigens auch so. Für mich durften Kinder passieren, wenn ich eine intakte Partnerschaft habe. 

Durch das Leben und Arbeiten mit Frauen habe ich aber etwas anderes gelernt. Ich sehe und freue mich über jede Frau, die es sich erlaubt so zu leben, wie sie es für gut hält. Oft kriegen diese Frauen Kinder einfach so. Aus Lust auf Kinder. Sie sind alleinstehend und selbstständig oder haben einen Partner, der Kinderbetreuung übernimmt, solange sie in führenden Positionen arbeiten. Ich kenne auch Männer, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um sich um die Kinder kümmern zu können. 

Ich kann es gut verstehen, dass Frauen Angst davor haben, ihre Karriere und Kinder nicht unter einen Hut bringen zu können. Es passiert zwar einiges, trotzdem, sind wir noch meilenweit davon entfernt, dass Kinder-Karriere-Entscheidung Frauen leicht fällt. 

Das wünsche ich mir so sehr. 

Wie wäre es, wenn wir das Thema “Kinder” bei der Laufbahngestaltung in Fokus stellen würden? 

Wie wäre es, wenn wir Kinder und Familiengründung als eine natürliche Sache der Welt betrachten und aus diesem Fokus heraus unsere Arbeitsabläufe gestalten würden? 

Das machen wir im Coaching mit karriereorientierten Frauen und es sorgt immer wieder für Aha-Momente, was alles doch möglich ist.


Bist du gerade in einem Kind-Karriere-Entscheidungsdilemma? Hier sind meine Empfehlungen.

Erlaube es dir, Kinder zu wünschen. Ich erlebe es immer wieder, wie viel Energie frei wird, wenn Frauen, die ihre Karriere lieben, es sich erlauben, zu sagen: Ja, ich will Kinder haben. Du musst jetzt noch kein Businessplan dazu schreiben. Erlaube es dir einfach. Lasse es zu.  

Es scheint mir wichtig zu sein, dass du dich dabei nicht unter Druck setzen lässt. Auf keinen Fall bin ich der Meinung, dass jede Frau unbedingt Kinder bekommen muss, nur weil sie es kann. Überhaupt nicht. Ich habe ja bereits in einer Case Study beschrieben, wie eine talentierte Frau sich entschieden hat und wie viel Energie sie nach ihrer Entscheidung für ihr Werk, Ihre Kunst freibekommen hat. Aber ehrlich sein und sich mit dem Thema Kinder und Karriere zu beschäftigen – das ist wichtig. 

Entwickle Szenarien, wie du deine Karriere/Bussiness inklusive Kind gestalten könntest. Fange an, Inspirationen, Lebensmodelle anderer Frauen zu sammeln, nach dem Motto: “Ah, das könnte mir auch gut gefallen.” 

Wie wäre es, wenn du in deiner Sprache darauf achtest, anstatt “Kinder oder Karriere”, “Kinder sind Karrierekiller” an “Kind-Karriere-Synergie” oder einer “Sowohl-als-auch Strategie” zu sagen? Plötzlich werden neue Ressourcen, neue Möglichkeiten sichtbar. 

Zeit ist ein kostbares Gut.

Für manche werde ich vermutlich als sehr altbacken erscheinen, aber ich halte die Zeit immer noch für kostbares Gut, was Thema Kinderkriegen betrifft. Das bedeutet konkret, dass du aufmerksam deinen Weg auswählst und sorgfältig darauf achtest, was mit deinem Leben heute passiert. 

Ich hole mir beispielsweise Inspirationen aus anderen Ländern, die bereits weiter sind. Beispielsweise, meine Partner – Parent & Professional Coaching in London veranstalten weltweit Workshops für Unternehmen, die Ihre Mitarbeitende über Work-Life-Balance, weibliche Fertilität oder Menopause informieren, Unterstützung anbieten und gemeinsam nach Lösungen suchen. Ich als Coach unterstütze unsere Klientinnen ebenfalls bei der Suche nach Lösungen. 

Ja, es ist möglich. 


Ich habe mir vor Jahren eine Vision für mein Business entwickelt. Und eine Geschichte dazu. In dieser Geschichte fragen mich meine Enkelkinder: Oma, wir haben gesehen, du hast mal ein Buch über das weibliche Work-Life-Dilemma” geschrieben, was ist das eigentlich? 

Und ich würde antworten: Oh, meine Lieben, das betrifft euch gar nicht mehr, diesen Begriff braucht ihr euch gar nicht mehr zu merken.” 

Befindest du dich gerade in einem Kind-Karriere-Entscheidungsdilemma? Lasse uns miteinander reden. Schreibe mir eine E-Mail. Bis bald. Ich freue mich, dich kennenzulernen. 

***

In meinem Blog dreht sich alles um Frauen, die ihren Weg gehen. Die Themen sind so vielfältig, wie das Leben: Vereinbarkeit von Familie und Karriere, Selbstständigkeit und berufliche Herausforderungen der Frauen, die sich nicht zwischen Kinder und Karriere entscheiden möchten, Hochsensibilität und leben mit besonderen Kindern. Dazu gibt es Einblick in meine Onlinecoaching-Praxis: Case Studies und Selbstcoachingtools, die karriereorientierte Frauen dabei unterstützen, ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen. 

Vielleicht bist auch du eine von diesen Frauen und magst mein Blog abonnieren? Es geht ganz schnell: E-Mail-Adresse eintragen, absenden, bestätigen und lesen.

Ich freue mich von Herzen über jede neue Leserin. Und deshalb darfst du mein Blog natürlich auch sehr gerne weiterempfehlen!

1 Kommentar zu „Das weibliche Kind-Karriere-Entscheidungsdilemma. Ist das noch ein Thema?“

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